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JST unterstützt die TU-Berlin beim Forschungsprojekt „Zentren der Koordination“ mit Know-how über die historische Veränderung in Kontrollräumen

Die Geschichte der Kontrollräume

©ZU_09 - istockphoto.com

Im Interview mit Joshua Schröder und Arne Janz, wissenschaftliche Mitarbeiter der TU und des Forschungsprojektes „Zentren der Koordination“ gibt Carsten Jungmann von JST Einblicke in die Geschichte und Zukunftsvisionen von Kontrollräumen.

Wie sah Ihr erster Kontakt mit der Welt der Kontrollräume aus?

Mitte der 80er Jahre sah die Welt der Kontrollräume noch völlig anders aus, als wir es heute gewohnt sind. Ich arbeitete in der Firma „Objekt & Design“ meines Vaters, die Spezialmöbel für Leitwarten und Leitstände herstellte. Mein „First Contact“ mit dem Arbeitsplatz in einem Leitstand war ein beeindruckendes Erlebnis: Da war eine Art „Kleiderschrank“ mit 60 eingebauten Monitoren. Die Mitarbeiter in dem Leitstand erhielten meinen größten Respekt für die Meisterleistung, diese Technologie zu beherrschen und den Überblick nicht zu verlieren.

Wie ist die Entstehungsgeschichte von JST Systemtechnik?

Ende der 90er Jahre waren Kay Hansen und ich gemeinsam angestellt als Mitarbeiter im Vertrieb der Firma „Objekt & Design“. Wir stellten fest, dass mit Aufkommen der Virtualisierung und Dezentralisierung die Probleme der Kunden nicht mehr durch passende Möbel lösbar waren. Aus der Not der Operator heraus haben wir uns mit neuen Ideen beschäftigt, die damals noch völlig unbekannt waren. Und letztendlich haben wir auf Basis dieser Ideen das Unternehmen JST gegründet, in dem wir unseren Fokus auf die Technik und die Entwicklung von zukunftsweisenden Innovationen legen konnten.

Was war das der erste Meilenstein im Angebot von JST?

Der Möbelmarkt für die Spezialmöbel war inzwischen sehr schwierig geworden und das größte Problem war die Menge der nicht mehr zu überwachenden und dezentral ausgelagerten Monitore. Der erste Meilenstein war die Entwicklung einer Überwachungssoftware, die es ermöglicht hat, dass Alarme beim Eintreten eines definierten Ereignisses automatisch in den Sichtbereich geschaltet werden.

Wie ging es dann weiter?

Das nächste Problem waren die massiven „Kleiderschränke mit den Monitoren“ und das Hardwarechaos im gesamten Raum. Ein weiterer Meilenstein war also die Reduktion der Hardware zu einem smarten Leitstand, wo man 60 Monitore auf nur 8 Bildschirmen überwachen konnte. Hieraus resultierte allerdings ein unerwartetes elementares psychologisches Phänomen, was bis heute weltweit besteht. Nimmt man den Mitarbeitern die Monitore weg, verlieren sie dadurch ihr Gefühl von Wichtigkeit.

Haben sich Hierarchien und Kommunikation durch die Neuerungen verändert?

Heute legt man großen Wert auf eine gute Kommunikation und gegenseitige Wertschätzung im Kontrollraum. Es werden sogar Coachings für das richtige Miteinander und das Lösen von Konflikten angeboten. Je nach Branche muss ein Supervisor im Kontrollraum auch optisch im Fokus stehen.

Kontrollraum

©Martin Barraud – istockphoto.com

Was sind aktuelle Trends?

Man kann heute immer mehr sagen, dass eher die Überwachung und Koordination der Systeme als die eigentliche Kontrolle von Abläufen immer mehr in den Fokus gerät. In einem guten Kontrollraum haben die Mitarbeiter nichts zu tun, weil die Automation perfekt läuft. Und ein guter Manager erkennt, dass seine Mitarbeiter für Leerlauf bezahlt werden.

Gibt es einen Trend zur Zentralisierung?

Ja. Alle 10 Jahre gibt es eine Welle der Zentralisierung. Einige Jahre später geht es dann wieder in die andere Richtung zur Dezentralisierung.

Worin bestehen die größten Unterschiede?

Was die Menschen vor Ort betrifft, haben sich zwei wichtige Punkte für ein erfolgreiches Projekt gezeigt: dass die Manager technisch auf dem neuesten Stand und die Mitarbeiter gut geschult und motiviert sind.

Was sind die größten Gemeinsamkeiten?

Alle Unternehmen wollen Kosten sparen und alles muss effizient sein. Aber zum Glück nicht oder nur selten durch Personaleinsparungen.

Schauen wir einmal in die Zukunft. Hat der demografische Wandel und der wachsende Fachkräftemangel Einfluss auf das Design und die Konzeption von Kontrollräumen?

Ja, auf jeden Fall! Junge Menschen besitzen heute ein anderes Wertesystem. Das Prinzip „mehr Arbeit = mehr Geld“ funktioniert heute nicht mehr. Zeit fürs Privatleben hat die höchste Priorität. Im Kontrollraum bedeutet das, dass die Mitarbeiter nicht mehr im Schichtbetrieb arbeiten wollen. Hier sehen wir hier eine Chance in einem modernen Arbeitsplatz mit viel Sexyness, netten Kollegen und beliebten Extras. Neu ist das Thema Homeoffice. Hier ist ein hybrides Kontrollraumsystem denkbar, das vom Homeoffice und per Apps zu managen sein wird. Mit diesen Themen setzt sich JST aktuell auseinander. Mehr dazu gibt es in unserem Vortrag „2025 – der Kontrollraum der Zukunft“.

Was sind die größten Herausforderungen oder Konflikte zwischen Theorie und Praxis?

Kontrollräume werden oft in angemieteten Büroflächen umgesetzt. Nun braucht man aber vor Ort Klimatisierung, Sicherheit, angenehmes Licht, Notstromversorgung, Akustik und vieles mehr. Die Dauer der Miete ist eventuell begrenzt. Alles sollte also modular gestaltet sein. Trotzdem schaffen wir es immer, die Anforderungen auf den Punkt umzusetzen.